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Nelson Lakes Nationalpark

Nachdem es an der Nordküste von Neuseelands Südinsel vor allem viele Erlebnisse rund um das Wasser gab sollte in den nächsten Tagen wieder einmal Berge und Wandern im Vordergrund stehen. Das nächste Ziel bot sich dafür ideal an, denn der Nelson Lakes Nationalpark ist neben seinen Seen vor allem bekannt für die vielen Wandermöglichkeiten in den umliegenden Bergen.

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Wie in einem Nationalpark üblich ging es als erstes zum Visitor Center in Saint Arnaud. Leider war aber auch dort die Auskunft eher dürftig. Im Hinterkopf hatte ich immer noch die äusserst hilfsbereiten Ranger in den Amerikanischen Nationalpärken, welche uns immer bestens Auskunft gaben. Einen solchen Service vermisste ich bis jetzt in Neuseeland. Zwar war das Personal immer freundlich, aber wirklich gute Auskunft konnten uns nur die wenigstens geben. Als Tourist würde ich es schätzen, neben Kartenmaterial und Routeninformationen auch Wertungen und Meinungen zu erhalten, denn man hat in einem neuen Gebiet bekanntlich absolut null Ahnung, vor allem, was wie lohnenswert ist oder eben nicht. Da würde eine wertende Meinung manchmal helfen. Zum Glück waren die Karten und die wichtigsten Angaben meist recht gut aufbereitet, so dass man sich selber meistens ein ungefähres Bild machen konnten.

Die Mehrtagestouren schieden schnell aus, denn der Campervan sollte nicht ungenutzt stehen bleiben um zeitgleich zusätzliche Übernachtungen zu zahlen. Auch entsprechende Ausrüstung fehlte. Ich wäre zwar gerne bis zum Blue Lake gewandert, der wäre aber für einen Tagesausflug zu weit gewesen. Deshalb beschränkte sich die Auswahl auf den Mt Robert und den St Arnaud Range Track. Da ich den Mitarbeitern des Informationszentrums neben der Anfahrt, Startpunkten und Distanzen keine weiteren Hinweise entlocken konnte, musste halt ein Münzwurf entscheiden.

Am nächsten Morgen hingen die Wolken tief und ich zog die Bettdecken schnell wieder über den Kopf. Irgendwann nahm der Hunger aber Überhand. Gerade als ich Wasser für einen Kaffee aufkochte sprach mich ein junger Deutscher in gebrochenem Englisch an. Seine Herkunft konnte er nicht verbergen, also wechselten wir auf Hochdeutsch. Er war erleichtert, denn sein Englisch sei recht schlecht, meinte er. Der Sprachunterricht aus der Schule reiche knapp aus um sich durchzuschlagen. Er sei im Frühling an der Polizeischule eingeschrieben und möchte bis dahin noch etwas erleben. Deshalb packte er mit seinen noch jungen 18 Jahren seine Ersparnisse, flog mit einem Work-and-Travel-Visum für ein halbes Jahr nach Neuseeland, kaufte sich ein Auto und erlebte seit ein paar Wochen das Abenteuer seines noch jungen Lebens. Da seine Finanzen recht knapp seien versuche er zwischendurch etwas zu arbeiten, so sollte es schon klappen, meinte er.

Ich bot ihm einen Kaffee an und wir plauderten weiter. Er war zuvor ebenfalls an der Nordküste unterwegs. Da er sich ein Auto gekauft hatte war es für ihn auch kein Problem, auf eine Mehrtagestour zu gehen. Er erzählte stolz, dass er den Heaphy-Trek im Kahurangi Nationalpark gelaufen sei, seine erste längere Wanderung. Diese 4-tägige Tour startet in der Golden Bay westlich des Abel Tasman Nationalpark und führt über 78km bis nach Karamea an der Westküste. Auf Rückfrage, wie er denn zurück zum Auto gelangte, meinte er nur trocken, dass er keine grosse Wahl hatte und deshalb gleich auch zurück gelaufen sei. Ich war etwas erstaunt und entgegnete, dass er somit wohl recht lange unterwegs gewesen sein müsse. Er meinte daraufhin, die 4 vorgeschlagenen Tage hätten ihm gerade so gereicht, für den Hin- und Rückweg! Das wären dann fast 40 Laufkilometer pro Tag, über 4 Tage! Er habe am Ende schon ein paar richtig grosse Blasen gehabt, aber das Erlebnis sei toll gewesen. Ich war total baff.

Ein paar interessante und lustige Geschichten später erzählte er von seinem Autounfall, den er vor einigen Tagen hatte. Er sei zeitlich etwas knapp dran gewesen und überschätzte auf einer Schotterpiste die Geschwindigkeit. Als er mit einem Rad in den Graben geriet überschlug sich sein Auto. Zum Glück kam er mit ein paar leichten Schürfwunden davon. Die Fotos sahen recht unschön aus und das Auto war natürlich komplett Abbruch. Damit er weiterreisen könne hätte er sich ein zweites Auto kaufen müssen, was sein Budget etwas strapaziert hätte.

In seinen Erzählungen schwang auf den ersten Blick eine grosse Portion jugendlicher Leichtsinn und viel Naivität mit. Auf der anderen Seite war ich aber bei seinen Ausführungen und Erzählungen äusserst positiv überrascht. Vielleicht nicht gerade hinsichtlich des Unfalls, aber er schien sich auf seinem Trip auch viele Gedanken über sich selber und sein Handeln gemacht zu haben. Er schien mir, entgegen seinem Alter und seinen wilden Geschichten, erwachsener und den Gleichaltrigen in der Heimat weit voraus.

Irgendwie beneidete ich ihn auch etwas, vor allem, was er in den letzten Wochen schon alles gesehen und erlebt hatte. Nicht gerade die sportliche Höchstleistung oder eben der Unfall, aber auch sonst hatte er viel zu erzählen. Daneben kam mir die eigene Reise recht ereignislos und langweilig vor. Ich fühlte mich alt. Als ich ihm ein paar Anekdoten aus meinen eigenen Reiseerfahrungen erzählte waren es vor allem Geschichten aus Südamerika, also von meiner ersten grossen Reise, an die ich mich genüsslich zurück erinnerte.

Ich fragte mich, ob mich die vielen Reisen in den letzten Jahren etwas abgestumpft hatten? Ob ich mir mittlerweile zu viele Gedanken über die unmöglichsten Sachen machen würde und deshalb nicht mehr die grossen Abenteuer erlebe? Nicht dass ich jetzt sportliche Höchstleistungen oder Unfälle als Ziel sehen würden, um etwas Spezielles zu erleben, darum geht es nicht. Aber meine eigenen Erlebnisse haben aus meiner Sicht in letzter Zeit schon deutlich abgenommen. Jedenfalls stimmte mich das Gespräch recht nachdenklich.

Die Zeit verging rasend schnell. Irgendwann gegen Mittag verabschiedeten wir uns, denn der Himmel klarte in der Zwischenzeit etwas auf und wir hatten noch Pläne. Der junge Deutsche, nach dessen Namen ich im Eifer der Diskussionen nicht einmal gefragt hatte, gab mir zum Abschied noch den Tipp, auf den Mt Roland zu steigen, die Aussicht dort oben sei sehr schön. Somit erübrigte sich auch der Münzwurf.

Der Ausgangspunkt zur Rundwanderung war nicht weit entfernt vom Übernachtungsplatz. Eine Schotterpiste führte zum Parkplatz. Der Weg verlief zuerst durch einen lichten Wald und stieg dann steil der Flanke empor. Zwischendurch eröffneten sich prächtige Ausblicke auf den Lake Rotoiti.

Nelson Lakes Nationalpark - Lake Rotoiti
Lake Rotoiti

Weiter oben wichen die Bäume alpinen Matten und gaben den Blick auf eine wunderbare Berglandschaft frei. Von ganz oben konnte man die umliegenden Bergketten bestens bewundern. Die weitläufige Umgebung machte tatsächlich Lust auf weitere Wanderabenteuer.

Nelson Lakes Nationalpark - Schöne Weitblicke
Schöne Weitblicke

Der Nelson Lakes Nationalpark schien ein prächtiges Wanderparadies. Die Wetterprognosen meinten es aber nicht gut. Für die nächsten Tage war Dauerregen vorhergesagt. Deshalb ging es gleich weiter an die Westküste.

Auf der Fahrt kamen dann wieder die Gedanken vom Gespräch mit dem jungen Deutschen auf. Hat mich jetzt etwa Regen aus dieser wunderschönen Region vertrieben? Bin ich gemütlich oder bequem geworden? Aber auch allgemeinere Fragen beschäftigen mich. Warum kann ich vor allem von der ersten Reise in Südamerika viele tolle und lustige Geschichten erzählen? Und warum hatte ich in letzter Zeit nur noch selten solche speziellen Erlebnisse? Nachdenklich ging es bei Dauerregen weiter Richtung Westküste.

 

Fazit

Der Nelson Lakes Nationalpark gilt als Wanderparadies. Ich war zwar nur kurz dort, die Möglichkeiten sahen aber bestens aus. Das Wetterglück meinte es leider nicht gut, die Wanderung zum Mt Robert war trotzdem absolut lohnend und die Ausblicke wunderschön. Vor allem das Gespräch mit dem jungen Deutschen stimmte mich recht nachdenklich und sollte mich noch ein paar Tage beschäftigen.

 

Wie immer habe ich dir alle wichtigen Informationen in den Reisetipps zu Neuseeland übersichtlich zusammengefasst. Zudem habe ich alle genannten Orte auf der Neuseeland-Karte markiert.

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