-

Wanaka

Jeder hat von einem fremden Land eine gewisse Vorstellung, wie es dort aussehen mag. Auch ich sah mir vor der Reise von Neuseeland viele Bilder an und entwickelten über die Zeit meine eigene Idee. Obwohl ich bereits seit ein paar Wochen unterwegs war, wollte sich mir dieses Land aber irgendwie nicht so zeigen, wie ich mir das ausgemalt hatte. Nicht dass es bis anhin nicht schön gewesen wäre, aber was ich bis jetzt gesehen hatte wollte einfach nicht mit dem übereinstimmen, was ich mir vorgestellt hatte. Das sollte sich aber nun ändern.

-

Anfahrt von der Westküste

Nach dem Besuch der grossen Gletscher der Südlichen Alpen lag eine lange Fahrt vor uns. Zuerst fuhren wir der wilden Westküste entlang weiter Richtung Süden bis Haast. Dort zweigte die Strasse ins Hinterland ab, Richtung Haast Pass, dem südlichen Übergang über den Gebirgszug. Die Strasse führte einem breiten, hellblauen Fluss entlang immer weiter hoch in die Berge. Diese Strecke soll gemäss mehreren Reiseführern sehr spektakulär sein, mit wunderbaren Wasserfällen und glasklaren Seen. Aber auch dort wollte die Landschaft (noch) nicht mit meinen Vorstellungen übereinstimmen. Die versteckten Wasserfälle mitten im Wald beeindruckten mich wenig.

Wanaka - Kurz vor dem Haast Pass
Kurz vor dem Haast Pass

Weiter oben wichen der Wald und die dichte Vegetation offenen Wiesen. Die Berge ragten immer weiter in dem Himmel empor. Je länger wir fuhren desto mehr gefiel mir die Umgebung. Später bei den Blue Pools legten wir einen kurzen Stopp ein. Das türkisene Wasser des Blue River bot einen spektakulären Kontrast. Dort gefiel es mir schon recht gut. Lediglich die Touristenmassen störten mich und so fuhren wir schon bald wieder weiter.

Am späten Nachmittag erreichten wir endlich das Ufer des Lake Wanaka. Wir fanden einen gemütlichen Stellplatz direkt am See, konnten eine wundervolle Abendstimmung geniessen und liessen den Tag nach der langen Fahrt gemütlich ausklingen.

Wanaka - Abendstimmung am Lake Wanaka
Abendstimmung am Lake Wanaka

Isthmus Peak

Irgendwann einmal hatte ich mir auf der Karte den Isthmus Peak markiert. Von wo genau ich die Idee hatte wusste ich leider nicht mehr. Der Wanderweg sah aber vielversprechend aus, auf 7.5 Kilometer sind 1000 Höhenmeter zu bewältigen. Das klang schon mal gut. Und oben warten bestimmt schöne Ausblicke, hoffte ich. Ohne mich vorher weiter zu informieren liefen wir am nächsten Morgen früh los.

Zuerst führte der Weg durch einen lichten Wald. Als die letzten Bäume grossen Grasbüscheln wichen, eröffnete sich eine herrliche Aussicht auf die umliegenden Berge und den tiefblauen Lake Hawea.

Wanaka - Isthmus Peak
Isthmus Peak

Der Weg schlängelte sich der kargen Bergflanke entlang immer weiter hoch, vorbei an weidenden Schafen, im Hintergrund die hohen Berge der Südlichen Alpen. Nachdem wir die Krete erreicht hatten flachte der Wanderweg etwas ab. Nach gut 2.5 Stunden erreichten wir endlich den höchsten Punkt, den Isthmus Peak.

Wanaka - Aussicht vom Isthmus Peak
Aussicht vom Isthmus Peak

Und die Aussicht dort oben war schlichtweg gewaltig. Was wir bereits während dem Aufstieg sahen steigerte sich nochmals. Wir hatten eine grandiose 360°-Panoramasicht. Unter uns sahen wir neben dem Lake Hawea nun auch den Lake Wanaka, an dessen Ufer wir letzte Nacht geschlafen hatten. Und um uns herum ragten die vielen Gipfel der Südlichen Alpen mit ihren braunen, kargen Hängen steil in den Himmel empor. Ich war begeistert.

Dort oben hatte ich das erst Mal so richtig das Gefühl, endlich in Neuseeland angekommen zu sein, so wie ich mir das Land im vorherein vorgestellt hatte. Ich war überwältigt. Die Rundumsicht war schlichtweg fantastisch.

Zum Glück war diese Wanderung noch in keinem uns bekannten Reiseführer erwähnt. Denn neben uns waren nur eine Handvoll anderer Leute unterwegs. Gemeinsam genossen wir die Postkarten-Aussicht, hielten einen kurzen Schwatz und teilten Erfahrungen aus. Ein paar einheimische Wanderer gaben uns noch ein paar Tipps für einige Wanderung weiter südlich. Wir blieben lange sitzen und genossen die idyllische Ruhe und die wundervolle Natur.

Ich hätte ewig dort oben bleiben können, so gut gefiel es mir. Irgendwann mussten wir uns dann aber doch noch aufraffen und uns von diesem wundervollen Ort lösen. Während dem Abstieg hielten wir noch ein paar weitere schöne Aussichten mit der Kamera fest. Der Kontrast zwischen dem tiefblaue Lake Hawea, den braunen, kargen Bergflanken und dem stahlblauen Himmel gefiel mir äusserst gut. Insgeheim hoffte ich, dass dieser Berg noch lange nicht in den Reiseführern aufgelistet sein wird und ein solches Erlebnis weiterhin möglich sein wird.

Wanaka - Aufstieg zum Isthmus Peak
Aufstieg zum Isthmus Peak

In Albert Town fanden wir gegen Abend einen günstigen Übernachtungsplatz gleich beim Hawea River. Dieser Fluss glich etwas der Aare beim Eichholz in Bern und lud zu einem erfrischenden Bad ein. Ideal, um uns nach der schweisstreibenden Wanderung abzukühlen und zu waschen. Die Region gefiel mir dermassen gut, dass wir beschlossen, die folgenden Tage erneut auf Wanderschaft zu gehen.

 

Roys Peak

Am nächsten Tag war der Roys Peak westlich von Wanaka unser Ziel. Diese Wanderung wird in vielen Reiseführern auf Grund der sensationellen Aussicht hoch gelobt. Entsprechend stiegen auch die Erwartungen, denn die Messlatte lag nach den Erlebnissen vom Vortag sehr hoch.

Bereits der Parkplatz war aber frühmorgens komplett überfüllt und auch auf dem Weg trafen wir sehr viele andere Touristen an. Viele quälten sich die anstrengenden Serpentinen über die karge Flanke hinauf. Der Weg wurde wegen den Besuchermassen sogar so gut ausgebaut dass ein besserer Geländewagen problemlos hätte hochfahren können. Wir waren mittlerweile solche Aufstiege gewohnt, wobei es die 8 Kilometer und 1200 Höhenmeter schon in sich hatten.

Die Aussichten während dem Aufstieg kamen schon mal nicht an diejenigen beim Isthmus Peak heran. Zwar sahen wir immer den schönen Lake Wanaka, aber eben auch das gleichnamige Städtchen. Für meinen Geschmack sahen wir zu viel Zivilisation.

Beim berühmten Aussichtspunkt etwas unterhalb vom Gipfel gingen wir direkt weiter. Wenn ich für ein Foto auf einem kleinen Hügel vor einem blauen See und kargen Hügeln im Hintergrund anstehen muss, dann ist mir das zu blöd. Im Internet findet man bestimmt tausende Fotos von diesem Ort. So liefen wir gleich weiter, die letzten Höhenmeter bis auf den Gipfel. Und von ganz oben hatten wir dann tatsächlich eine recht schöne Aussicht.

Wanaka - Aussicht vom Roys Peak
Aussicht vom Roys Peak

In der Weite war sogar der schneebedeckte Gipfel des Mt Aspiring zu sehen. Da wollten wir als nächstes hin. Die Aussicht gefiel mir aber bei weitem nicht so gut wie auf dem Isthmus Peak. Denn am Vortag konnten wir ein sehr ähnliches Panorama geniessen, jedoch ohne Touristenmassen, das Gedränge und die vielen Häuser von Wanaka in der Ferne. Da gefiel mir die unberührte Natur beim Isthmus Peak um einiges besser. An diesem Tag war es leider auch nicht mehr so strahlend schön wie am Vortag. Graue Wolken tauchten die Umgebung in ein trübes Licht. Etwas enttäuscht machten wir uns deshalb an den langen Abstieg.

 

Rob Roy Glacier

Auf dem Isthmus Peak erhielten wir unter anderem den Tipp für eine Wanderung im Mt. Aspiring Nationalpark, die zu einem Hängegletscher führen soll. Um aber in den Nationalpark zu gelangen war erst einmal eine längere Anfahrt nötig. Von den 50 Kilometern waren nur die ersten knapp 20 Kilometer asphaltiert. Danach ging es über Wellblechabschnitte und vorbei an unzähligen Schlaglöchern immer weiter entlang des Matukituki River hinein in das Seitental. Die rasante Fahrt machte mir Spass. Die Camper-Vermietung hätte das bestimmt anders gesehen.

Wanaka - Auf dem Weg in den Mt Aspiring Nationalpark
Auf dem Weg in den Mt Aspiring Nationalpark

Weiter hinten im Tal mussten wir sogar einige kleine Bächlein durchqueren. Zum Glück regnete es die letzten Tage nicht, so dass die Durchfahrten auch mit dem kleinen Campervan problemlos zu meistern waren. Beim Rasperry Creek Parkplatz endete die Piste und wir gingen zu Fuss weiter. Der Wanderweg führte uns zunächst dem Bach entlang bis zu einer Hängebrücke.

Wanaka - Wanderweg zum Rob Roy Glacier
Wanderweg zum Rob Roy Glacier

Danach stiegen wir durch dichten Wald steil bergauf, hinein in ein kleines Seitental. Erst als sich weiter oben der Wald etwas lichtete eröffneten sich die ersten Blicke auf einen schönen Wasserfall und den Gletscher.

Der Rob Roy Glacier ist ein typischer Hängegletscher. Aber wie schon an der Westküste liess der Klimawandel auch hier das Eis stark schrumpfen. Die Gletscherzungen zogen sich weit zurück. Trotzdem fand ich es eindrücklich zu sehen, wie das Eis an den steilen Felswänden klebte und zahlreiche Wasserfälle entstehen liess. Der Anblick muss vor wenigen Jahrzehnten, als die Eismassen noch weit herunter reichten, noch viel eindrücklicher gewesen sein.

Wanaka - Rob Roy Glacier
Rob Roy Glacier

Leider war uns das Wetter auch an diesem Tag nicht besonders gut gesinnt. Eine dicke und graue Wolkendecke hing um die Gipfel. Die Nebelschwaden zauberten jedoch schon fast eine mystische Stimmung herbei. Zum Glück blieb wenigstens der Regen aus. Wir genossen eine Weile die herrliche Aussicht und machten uns dann wieder auf den Rückweg.

Zurück beim Campervan stellten wir erfreut fest, dass man auf dem Rasperry Creek Parkplatz über Nacht umsonst stellen darf. Da uns die Umgebung, trotz drohendem Regenwetter, äusserst gut gefiel entschieden wir uns kurzfristig, über Nacht zu bleiben. Eine solche Freiheit zu haben, genau das schätze ich auf einem Roadtrip besonders. Ich gab die Hoffnung nicht auf, dass der Himmel doch noch aufreissen würde. Leider wurden meine Wünsche nicht erfüllt. Stattdessen setzte gegen Abend Dauerregen ein. Wir waren fast die einzigen in dieser abgeschiedenen Gegend und so liessen wir uns von den Regentropfen gemütlich in den Schlaf trommeln.

 

Fazit

Die Umgebung von Wanaka hat mir äusserst gut gefallen. Dort hatte ich das erste Mal so richtig das Gefühl, in Neuseeland angekommen zu sein, so wie ich mir das Land im vorherein vorgestellt hatte. Die tiefblauen Seen inmitten der braunen, kargen Hügel, eingerahmt von schneebedeckten Bergen im Hintergrund, boten einen einzigartigen Panoramablick.

Die Region kann am besten auf den unzähligen Wanderwegen erkundet werden. Möglichkeiten für Tagesausflüge und Mehrtagestouren gibt es unzählige. Mir hat der Isthmus Peak besonders gut gefallen. Solange er nicht in einem Reiseführer aufgelistet ist wird man dort etwas abseits der Touristenmassen wunderschöne Aussichten geniessen können. Der berühmte Roys Peak konnte da nicht mithalten. Stattdessen überraschte mich der Mt Aspiring Nationalpark mit seiner wunderschönen Umgebung und einem grandiosen Übernachtungsplatz.

Wir waren insgesamt drei Tage in der Gegend von Wanaka unterwegs, hätten aber locker noch ein paar Tage länger bleiben können. Auch bei Queenstown weiter südlich gäbe es noch weitere Wandermöglichkeiten. Gerne hätte ich noch ein paar Wandertage eingeschaltet, vor allem solche abseits der Touristenmassen. Wir wollten aber noch ein paar weitere Highlights von Neuseeland ansteuern und so machten wir uns auf den Weg weiter Richtung Süden. Ich freute mich bereits riesig auf die Catlins.

 

Wie immer habe ich dir alle wichtigen Informationen in den Reisetipps zu Neuseeland übersichtlich zusammengefasst. Zudem habe ich alle genannten Orte auf der Neuseeland-Karte markiert.

Teilen:

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Formular zurücksetzenBeitrag kommentieren