Kaikoura
Für den Abschluss der Neuseelandreise hatten wir uns ein besonderes Highlight aufgespart und planten einen Abstecher nach Kaikoura. Ich hatte noch nie einen Wal in freier Wildbahn gesehen und wollte schon lange einmal das grösste Säugetier der Welt live erleben. Die Küste vor Kaikoura soll sich dazu besonders gut eignen, da dort die Erfolgschancen auf eine Sichtung besonders hoch sein sollen. Ich war gespannt.

Die Wettervorhersage für die nächsten Tage war jedoch für das Vorhaben alles andere als ideal. Hatten wir bisher auf Neuseelands Südinsel meist grosses Wetterglück und nur wenig Niederschlag, sah es so aus als ob nun der verpasste Regen nachgeholt werden müsste. Auch die Wellenprognosen liessen nicht gerade eine ruhige See erwarten. Da wir am Wetter nichts ändern konnten nahmen wir es locker und hofften weiter.
Regenwetterprogramm
Das Glück war aber vorerst nicht auf unserer Seite. Bereits die malerische Strecke zwischen dem Lake Tekapo und durch den Mackenzie District Richtung Christchurch fiel wortwörtlich ins Wasser. Ich konnte die Schönheit der Umgebung nur erahnen, denn sie versteckte sich hinter grauen Wolken, Nebelschwaden und Regengüssen.
Ich wollte eigentlich für die Whale Watch Tour möglichst schnell nach Kaikoura fahren, um in den letzten Tagen vor dem Flug noch die Halbinsel direkt vor Christchurch selber erkunden zu können. Das Wetter war aber die Tage dermassen schlecht, dass wir entschlossen, vorerst einige Tage auf einem preiswerten und gut eingerichteten Campingplatz etwas nördlich von Christchurch abzuwarten und den Regen auszusitzen.
Es regnete fast drei Tage ununterbrochen wie aus Kübeln durch. So konnte ich wenigstens an den Berichten schreiben, Fotos sortieren und bearbeiten und die Kleider waschen. Die Zeit bis zum Weiterflug wurde aber immer knapper und so fuhren irgendwann doch noch nordwärts der Küste entlang bis zum Küstenörtchen Kaikoura, um wenigstens vor Ort zu sein und so die Chance für eine Whale Watching Tour aufrecht zu erhalten. Es blieben noch genau zwei Tage bis zur Rückfahrt nach Christchurch, wo wir den Campervan abgeben mussten. Gemäss Wettervorhersage hatte es für den nächsten Tag wechselhaft und für den übernächsten Tag etwas besser gemeldet. Also buchten wir die Tour auf das letztmögliche Datum und hofften auf das Glück.
Kaikoura Halbinsel
Im Verlaufe des nächsten Tages drückte die Sonne etwas durch die Wolkendecke und sogar blauer Himmel war zu sehen. Das nützten wir gleich aus um uns endlich wieder einmal etwas zu bewegen. Kaikoura liegt hinter einer kleinen Landzunge und ist vom Kaikoura Range, einer Bergkette, wunderschön eingerahmt. Von der Kaikoura Halbinsel hat man eine herrliche Aussicht auf die Küstenregion und die umliegenden Berge. Ein idealer Ort, um sich etwas die Füsse zu vertreten.

Der gut ausgebaute Weg führte entlang der Klippen hinaus auf die Landzunge. Informationstafeln am Wegesrand erzählten die Geschichten rund um den Walfang, welcher für die damaligen Einwohner wichtige Lebensgrundlage und Einnahmequelle war. Von der Plattform am Ende des Weges sahen wir sogar eine der ehemaligen Walfangstationen. Der Walfang wurde in Neuseeland erst in den 1970er Jahren verboten und Walbeobachtungen werden erst seit dann als rentable Touristenattraktion vermarktet.
Da der Weg wegen den vielen Niederschlägen recht aufgeweicht und matschig war entschieden wir uns für den Rückweg entlang der Küste. Auf den Felsen nahe am Wasser konnten wir viele Vögel, mehrere Robben und sogar einige Kormorane beobachten.


Leider sahen wir vom Land aus keine Wale auf dem offenen Wasser. Eigentlich schade, denn in den Gewässern vor Kaikoura herrschen einzigartige Bedingungen. Unweit der Küste fällt nämlich der Meeresgrund steil in einen tiefen Canyon ab, der sich quer durch die Bucht zieht. In den Tiefen dieser Meeresschlucht sammelt sich nährstoffreiches Wasser, das den Meeresriesen als Lebensgrundlage dient. Der Schutz der Bucht in Kombination mit dem üppigen Nahrungsangebot lockt die Meeresriesen das ganze Jahr über in die Region. Deshalb können manchmal sogar vom Land aus Wale beobachtet werden. Dieses Erlebnis blieb uns aber leider verwehrt.
Dafür gibt der einzige Anbieter für Wale Watching Touren eine 98%ige Erfolgschance für eine Sichtung von Walen an. Sollte eine Gruppe einmal keinen Wal sehen, geht der Anbieter sogar so weit, dass die Kunden das Geld zurück erhalten. Da war ich ja mal gespannt!
Wale Watch Tour
Am frühen Sonntagmorgen war es dann endlich soweit. Wir fuhren gleich am Morgen vom Campingplatz zum Touranbieter. Die Ausflüge sind sehr professionell organisiert und nach dem Check-In erhielten wir sogar ein Sicherheitsbriefing, ähnlich wie in einem Flugzeug. Anschliessend lotste uns die Dame vom Empfang zu einem Bus, der die Gruppe an die Bootsanlegestelle brachte. Dort wartete bereits ein super moderner Katamaran mit einer fünfköpfigen Crew.

Kurz nachdem alle das Boot bestiegen und sich einen Platz in den komfortabel gepolsterten Sesseln ergattert hatten fuhren wir auch schon los. Das Meer war an diesem Morgen sehr ruhig und fast flach. Es hatten sich jedoch über Nacht wegen der Feuchtigkeit der letzten Tage dichte Nebelschwaden gebildet, welche die Sicht etwas einschränkten. Den Kapitän schien das aber nicht weiter zu stören und so fuhren wir mit beachtlicher Geschwindigkeit in die riesige Bucht hinaus.
Ein sympathischer junger Guide informierte uns, dass wir nun etwa 20 Minuten auf das Meer hinaus und in eine Region fahren, wo die Wale vermutet werden. Obwohl Whale Watch Kaikoura der einzige Anbieter von Bootstouren ist arbeiten sie eng mit dem Anbieter von Helikopterflügen zusammen, um den Gästen ein optimales Erlebnis zu bieten und die Wale möglichst schnell zu finden.
Während der Fahrt erklärte der Guide, dass wir sehr wahrscheinlich Buckelwale sehen werden. Er gab uns eine kurze Einführung zu den wichtigsten Eigenschaften und zur Ökologie dieser riesigen Meeressäuger. Buckelwale sind sehr begabte Taucher und können bis zu einer halben Stunde unter Wasser bleiben. Nach einem Tauchgang halten sie sich nur für wenige Minuten an der Wasseroberfläche auf um Luft zu holen und dann erneut abzutauchen. Am besten sind die Wale an der meterhohen Wasserfontäne zu erkennen, welche schon von weitem sichtbar ist.
Ganz plötzlich kam eine riesen Aufregung auf. Ein Spotter hatte einen Wal gesichtet und der Katamaran schoss direkt auf die Wasserfontäne zu. Wenige Sekunden später durften auch wir unsere Sitze verlassen und alle stürmten nach draussen. Und da war er, mein erster Buckelwal in freier Wildbahn.

Bereits nach kurzer Zeit informierte uns der Guide über die Lautsprecher, dass wir die Kameras parat machen sollen, denn der Buckelwal wollte bereits wieder abtauchen. Dass er seinen Körper in die Tiefe richtete sah natürlich niemand. Doch den geschulten Augen der Crew entging der letzte Atemzug natürlich nicht und sogleich erhob sich die markante Schwanzflosse wie angesagt mit einer eleganten Bewegung aus dem Wasser.


Nun hiess es wieder warten bis der Wal erneut auftaucht, was durchschnittlich rund alle 20 bis 25 Minuten der Fall ist. Die Nebelschwaden lockerten sich in der Zwischenzeit etwas auf, hatten sich aber noch nicht ganz verzogen. In einiger Entfernung sah ich die Umrisse des zweiten, früher gestarteten Tourbootes im Gegenlicht, auf dem die Besucher ebenfalls wie gebannt auf die Wasseroberfläche starrten.

Während wir auf das Auftauchen des Wales warteten liess sich ein Albatros neben dem Katamaran auf dem Wasser nieder. Diese Vögel verbringen fast ihr ganzes Leben auf dem offenen Meer und kehren nur zu Aufzucht der Jungen an Land zurück. Erst als der Albatross nahe am Boot weg flog sah ich seine imposante Grösse. Was für ein riesiger Vogel!


Mit der Kraft der Sonne löste sich der Nebel zum Glück zunehmend auf. So konnten wir schon bald in der Ferne die Küste mit dem Kaikoura Range Gebirge im Hintergrund sehen, welches ungefähr so hoch sein soll wie der Canyon in der Bucht tief ist. Stolze 1000 Meter ragen die braun-grünen Gipfel in den Himmel empor und bilden einen wunderschönen Kontrast zum tiefblauen Meer.

Um die Wartezeit bis zur nächsten Walsichtung zu verkürzen erzählte der Guide einige weitere interessante Geschichten. So wurden etwa 2016 beim letzten starken Erdbeben in der Region riesige Hangrutsche ausgelöst, welche sogar von weit draussen auf dem Meer ersichtlich waren. Das gleiche passierte natürlich auch unter Wasser im tiefen Canyon und zerstörte einen grossen Teil der vielfältigen Unterwasserwelt. So wurden in den Monaten nach dem Beben auch nur wenige Wale gesichtet. Messungen zeigten aber zum Glück, dass sich die Flora und Fauna bereits nach einem halben Jahr wieder prächtig erholt hatte und sich in Rekordzeit eine neue, artenreiche Umgebung bildete.
Die Bootscrew verfolgte unterdessen den abgetauchten Wal mit Hilfe eines Echolots. Dieser hatte es scheinbar überhaupt nicht eilig, wieder an die Oberfläche zu kommen. Doch plötzlich drehte der Kapitän die Motoren auf und wir schossen davon. Um auf den sicheren Stühlen Platz zu nehmen war keine Zeit. Wir hielten uns alle irgendwo fest und kamen in den Genuss einer rasanten Verfolgungsjagd. Wir nahmen Kurs auf eine Wasserfontäne, welche die Spotter am Horizont erspäht hatten.

Und bereits kurze Zeit später waren wir wieder bei einem Buckelwal, der sich an der Wasseroberfläche vom letzten Tauchgang erholte. Nun verstand ich auch, warum wir in einem so pfeilschnellen Katamaran unterwegs waren.
Auch dieses Mal verweilte der Meeresriese nur kurze Zeit an der Oberfläche. Der Guide erklärte uns dass es sich am denjenigen Wal handle, den wir bereits zuvor gesehen hatten. Er konnte ihn an der Schwanzfloss identifizieren. Schon nach wenigen Sekunden kam wieder die Ansage, dass der Wal gleich abtauchen werde. Elegant hob sich die Schwanzflosse erneut aus dem Wasser und der Buckelwal verschwand wieder in den Tiefen des Ozeans.

Der Guide meinte dass das Verhalten von diesem Wal eher ungewöhnlich sei, da er sehr lange unter Wasser blieb und jeweils nur sehr kurz auftauchte. Normalerweise seien die Tauchgänge kürzer und die Verschnaufpausen an der Wasseroberfläche länger. Wahrscheinlich sei gerade sehr viel leckeres Futter vorhanden, was den Wal hastig wieder abtauchen liess.
Über Funk wurde unser Katamaran informiert, dass sich noch ein zweiter Wal in der Gegend aufhalten solle. Der Kapitän drückte wieder auf das Gaspedal und wir zischten in rasantem Tempo davon. Schon bald sahen wir ihn, aber nicht denselben wie zuvor.
Auch dieses Tier tauchte schon bald wieder ab und hob seine Schwanzflosse langsam an, während das Meerwasser wie ein wohlgeformter Wasserfall von der Flosse tropfte. Anschliessend schaute die Flosse für kurze Zeit gestreckt aus dem Wasser hervor, bevor sie elegant unter der Oberfläche verschwand.

Ich war total begeistert von den drei kurzen Begegnungen mit den sanften Meeresriesen und wäre den Tieren am liebsten noch lange weiter gefolgt. Die Zeit verging aber wie im Fluge und so neigte sich die Tour bereits dem Ende zu. Bevor wir uns aber auf den Rückweg zum Hafen machten legten wir noch einen kurzen Halt an der Küste ein, wo häufig Delphine gesichtet werden.
Erst sah es so aus als ob sich die Tiere nicht zeigen würden. Dann aber plötzlich tauchte eine ganze Gruppe neben dem Katamaran auf. Die Tiere schwammen blitzschnell am Bug vorbei und vollzogen interessante Manöver. Sie schwammen herum und tauchten immer wieder ganz nahe am Boot auf.

Der Guide erklärte uns, dass es sich um Dusky Dolphins, also Schwarzdelphine, handelte, welche typisch für die Gewässer um Neuseeland sind. Auch diese Begegnung war äusserst eindrücklich und ich hätte den Tieren noch stundenlang zusehen können, wie sie sich elegant und pfeilschnell durch das Wasser bewegten und schelmisch um den Katamaran herum schwammen. Leider war aber die Tour nun definitiv zu Ende und wir mussten zum Hafen zurückkehren.

Fazit
Obschon wir fast 3 Stunden auf dem Wasser waren, ging die Tour gefühlt viel zu schnell vorbei. Meine Erwartungen wurden aber vollkommen erfüllt. Dieser Ausflug war zwar nicht gerade günstig, die Qualität aber absolut spitze. Die Organisation klappte perfekt und die Crew gab sich grosse Mühe, den Gästen ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Der Anbieter war sich nicht zu schade, möglichst viele Wale ausfindig zu machen. Der Katamaran war topmodern und pfeilschnell und so bekamen wir drei Wale zu sehen. Ich kann die Tour wärmstens weiter empfehlen. Auch Kaikoura selber ist ein sehr schön gelegenes Küstenörtchen und lohnt nur schon durch die schöne Lage für einen kurzen Besuch, auch wenn die Anfahrt etwas länger dauert. Die Walbeobachtungen waren für mich ein unvergessliches Erlebnis, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Wie immer habe ich dir alle wichtigen Informationen in den Reisetipps zu Neuseeland übersichtlich zusammengefasst. Zudem habe ich alle genannten Orte auf der Neuseeland-Karte markiert.