Great Glen Way – von Fort William nach Inverness
Tag 1: von Fort William nach Gairlochy (17km)
Nach 154km auf dem West Highland Way kamen Andrea und ich zufrieden in Fort William an. Mit Ausruhen war aber nichts. Denn noch am selben Tag starteten wir das nächste Trekking-Abenteuer entlang des Great Glen, des grossen Tals, welches Schottland von Südwesten nach Nordosten durchzieht. Dominiert wird das Tal von mehreren langen Seen, die über den kaledonischen Kanal miteinander verbunden sind. Entlang dieser Wasserstrasse führt ein Fernwanderweg, der Great Glen Way. Ziel ist das Städtchen Inverness, welches 117 km nordöstlich von Fort William liegt.
Da es auf dem Great Glen Way weniger Einkaufsmöglichkeiten gibt als auf dem West Highland Way, füllten wir unsere Rucksäcke in Fort William für die nächsten 3 Tage mit Proviant auf und nahmen dann den zweiten schottischen Fernwanderweg in Angriff.
Zuerst führte der Weg an der Meereseinmündung des River Lochy entlang zum Old Inverlochy Castle. Diese Befestigungsanlage ist noch relativ gut erhalten und war nicht nur eine Festung zur Kontrolle der Wasserdurchfahrt, sondern auch Wohnsitz adliger Herren.
Das nächste Highlight der Strecke war die Neptuns Staircase, eine Schleusenanlage über 8 Stufen, wo die Schiffe stattliche 20 Meter überwinden. Die Schleusen verbinden den kaledonischen Kanal mit dem Meer. Leider passierten während unserer Mittagspause keine Schiffe die Anlage, sie beeindruckt aber dennoch mit ihrer Grösse.
Der weitere Weg verlief flach und monoton dem Kanal entlang bis zum ersten Etappenziel.
Nach insgesamt 18km erreichten wir dem Campingplatz in Gairlochy. Der Stellplatz war klein und einfach ausgestattet, bot aber das Nötigste wie eine schöne, warme Dusche, saubere Toiletten und Trinkwasser. Ausserdem hatten wir die Anlagen für uns allein und konnten in aller Ruhe den Tag ausklingen lassen.
Tag 2: von Gairlochy nach Laggan Locks (21km)
Die 2. Etappe führte uns an das Loch Lochy. Dessen Wasser ist während der Algenblüte toxisch und es wird deshalb angeraten, den Wasserkontakt zu vermeiden. Der Weg entlang des Ufers ist jedoch mit idyllischen Waldabschnitten, gelbleuchtenden Ginsterbüschen und endlosen Schafweiden umso schöner und wir genossen immer wieder die wunderbaren Seeblicke.
Das Tagesziel erreichten wir nach 23km am Seeende in Laggan Locks. Hier befindet sich eine weitere Schleuse des kaledonischen Kanals. Gleich neben der Anlage konnten wir das Zelt stellen und es bestand sogar Zugang zu öffentlichen Toiletten und Trinkwasser.
Hinter der Schleuse, am Kanalrand, wurde ein altes Boot in ein typisches schottisches Pub umfunktioniert. In diesem gemütlichen Ambiente gönnten wir uns vor dem Abendessen ein kühles Bier und stiessen auf einen weiteren gelungenen Wandertag an.
Tag 3: von Laggan Locks nach Fort Augustus (18km)
Von Laggan Locks führte der weitere Weg wieder flach und monoton dem Kanal entlang, 16km bis Fort Augustus.
Der Himmel war an diesem Tag bewölkt und grau. Die Wettervorhersage meldete sogar Regen am späteren Nachmittag. Nachdem wir in Schottland bis anhin fast ausschliesslich wunderschönes Wanderwetter hatten schien also das Glück nun doch vorbei zu sein. Wir versuchten, positiv zu bleiben, denn es wäre ja fast unglaubwürdig gewesen, zwei Wochen durch Schottland zu wandern und keinen einzigen Tropfen Regen gesehen zu haben.
So liefen wir die Strecke recht zügig und waren froh, als wir bereits nach dem Mittag in Fort Augustus ankamen. Es reichte gerade noch, das Zelt aufzustellen, bevor es anfing zu regnen.
Da wir wieder auf einem Campingplatz waren konnten wir glücklicherweise unter einem gedeckten Unterstand kochen. Nach dem Abendessen waren die Schauer auch schon wieder weiter gezogen und es trocknete ab. Auf Grund der kühlen Temperaturen krochen wir aber schon früh in die Schlafsäcke und schliefen bald ein.
Tag 4: von Fort Augustus nach Allsigh (18km)
Am nächsten Morgen war der Himmel immer noch grau und wolkenverhangen als wir uns auf den Weg machten. Wir liessen Fort Augustus hinter uns und kamen bereits nach kurzer Zeit ans Ufer des berühmten Loch Ness. Nessie zeigte sich uns leider nicht, dafür kam die Sonne aber wieder zum Vorschein und der See erstrahlte in kräftigem blau.
Gegen Mittag erreichten wir Invermoriston, wo wir uns nach dem Mittagessen in einem gemütlichen Cafe eine Kanne warmen Tee genehmigten. Denn trotz Sonnenschein blieben die Temperaturen eher kühl.
Anschliessend nahmen wir die letzten Kilometer bis zu unserem Tagesziel in Angriff. Es wechselten schmale Wanderwege mit Waldwegen und Forststrassen. Der heutige Abschnitt war wieder etwas angenehmer zu gehen, denn durch die leichten Steigungen und Abwärtspassagen ermüdeten unsere Beine um einiges weniger als auf den vorherigen Flachetappen auf hartem Untergrund.
Die Wettervorhersage für die nächsten Tage blieb leider unbeständig und die Regenwahrscheinlichkeit nahm stetig zu. So beschlossen wir, uns nochmals einen Ruhetag zu gönnen, denn wir hatten genügend Zeit. Das Loch Side Hostel in Allsigh bot sich nach 15km wunderbar an. Dieses Hostel liegt direkt am Ufer des Loch Ness und wir hatten das grosse Glück, sogar ein Zimmer mit Seeblick zu erhalten. Für mich war es schon fast ungewohnt, nach gut zwei Wochen im Zelt wieder einmal drinnen in einem Zimmer und einem Bett zu schlafen.
Tag 5: Ruhetag
Wir hätten den Ruhetag nicht besser planen können. Denn das Wetter war am nächsten Tag grau, nass und kalt. Wir genossen den warmen Aufenthaltsraum mit Seesicht und den Internetzugang umso mehr. Nessi haben wir leider auch an diesem Tag trotz intensiver Suche nicht gesichtet. Dafür konnten wir aber gegen Abend einige mystische Licht- und Nebelspiele beobachten und konnten uns gut vorstellen, wie die Geschichten rund um Nessi entstanden.
Tag 6: von Allsigh nach Drumnadrochit (16km)
Gemäss der Wanderkarte sind es von Allsigh noch gut 52km bis nach Inverness, dem Ende des Great Glen Way. Eine gute Übernachtungsmöglichkeit bot sich nach etwa 20km in Drumnadrochit an, für uns eine schöne Tagesetappe. Die letzte Etappe bis Inverness wäre aber mit 32km für Andrea zu streng gewesen, um sie an einem Tag zu laufen. Eine zusätzliche Übernachtung in der Wildniss kam für uns leider auch nicht mehr in Frage, da wir in der Zwischenzeit ein AirBnB-Zimmer in Edinburgh gebucht hatten. So beschlossen wir, nur noch bis Drumnadrochit zu laufen und die letzte Etappe auszulassen.
Wir starteten den letzten Wandertag in Schottland bei leichtem Sprühregen, welche aber schnell aufhörte und kaum der Rede wert war. Danach blieb es zwar unbeständig, aber so richtig geregnet hat es nie.
Auch die letzte Etappe war wieder angenehm zu laufen. Nach Allsigh stiegen wir gut 250 Meter hinauf auf eine Ebene. Von dort oben bot sich eine herrliche Aussicht auf das langgestreckte Loch Ness.
Die letzten Meter ging es dann hinunter nach Drumnadrochit und wir erreichten den Campingplatz bei strahlendem Sonnenschein.
Das Wetter war ideal, um noch einen kurzen Ausflug zum Urquart Castle zu unternehmen. Die Schlossruine lag in Gehdistanz zum Campingplatz und ist eine der grössten in der Region. Die Anlage bietet viele interessante, historische Informationen und so kamen wir doch noch in den Genuss, ein echtes schottisches Schloss zu besichtigen und in das Leben der ehemaligen Schlossbewohner einzutauchen. Urquart Castle ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Tag 7: von Drumnadrochit nach Inverness (Bus)
Nach einer letzten Nacht im Zelt stiegen wir nun also in Drumnadrochit in den Bus. Die Fahrt nach Inverness dauerte nur gerade 30 Minuten. Nach über zwei Wochen wandern war ich ein so schnelles Reisetempo gar nicht mehr gewohnt. Wären wir gelaufen, hätten wir für die Strecke etwas mehr als ein Tag benötigt. Der Alltag holte und schnell wieder ein.
In Inverness steuerten wir gemütlich, und natürlich zu Fuss, den offiziellen Endpunkt des Great Glen Way an und genossen die Aussicht auf das schmucke Städtchen.
Auch wenn wir nicht die ganze Strecke zu Fuss bewältigt hatten war es trotzdem schön, in Inverness angekommen zu sein und die zurückgelegte Strecke mit Stolz innerlich Revue passieren zu lassen.
Am frühen Nachmittag ging es für uns dann mit dem Zug weiter nach Edinburgh. Dort wollten wir noch ein paar Tage die Stadt anschauen, bevor wir zurück in die Schweiz flogen.
Der Great Glen Way hat mir leider weniger gut gefallen als der West Highland Way. Vor allem die ersten drei Etappen waren sehr flach und folgten monoton dem kaledonischen Kanal. Auf dem zweiten Teil des Fernwanderweges war es dann etwas interessanter, da der Weg immer wieder auf die Hügel führte und herrliche Aussichten auf den Great Glen und die langen Seen eröffnete. Mit dem Wetter hatten wir erneut grosses Glück. Es war zwar nicht mehr so herrlich schön wie noch auf dem West Highland Way, aber es regnete nur ganz selten und in den Genuss von richtigem schottischen Wetter, wie man es vom hören sagen kennt, kamen wir nie. Alles in allem kann ich den Great Glen Way nur bedingt weiter empfehlen, da er mir dann doch zu monoton, flach und langweilig war.
Möchtest du selber den Great Glen Way ablaufen, findest es aber mühsam, alle Informationen aus dem Beitrag zusammenzutragen und zu filtern um dir einen Überblick zu verschaffen? Wie schon beim West Highland Way habe ich dir auch für den Great Glen Way diese Arbeit abgenommen und alle wichtigen Informationen zur Strecke, den Übernachtungs- und Einkaufsmöglichkeiten übersichtlich auf einer Karte zusammengetragen. Klicke also einfach in den Reisetipps auf Schottland und dann auf die entsprechenden Reiter, um zu den geballten Informationen zu gelangen.
Danke für eure spannende Berichterstattung und die schönen Bilder. Das lässt einen ja gleich vom Reisefieber packen. Weiterhin eine unfallfreie, erlebnisreiche Reise! LG Peter
Das Wetter in der Schweiz ist von sonnigen heissen, in regnerische feuchte Tage gekipp t. Der Herbst hält langsam Einzug. Der richtige Zeitpunkt um mit Hilfe euren tollen Fotos und Berichten in Träume zu versinken! Geniesst die Zeit in der Ferne. LG Corinne
Hallo Corinne und Peter
Danke nachträglich noch für eure Nachrichten. Es freut uns, dass wir mit unseren Bildern und Berichten etwas Licht in dunkle Regentage bringen können 😉
Lieber Gruss
Andrea